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Gravierende Folgen einer Änderung des § 95 LPVG

Gelplante Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetztes (LPVG)

Gemeinsamer Brief der Baden-Württembergischen Staatstheater 

Karlsruhe und Stuttgart, 31.10.13

Novellierung des Landespersonalvertretungsrechts hier: § 95 LPVG


"§ 95 - Besondere Vorschriften für Theater und Orchester

Die § 70 Absatz 1 Nummer 5, 6, Absatz 2 Nummer 2, 4 und 5, § 71 Absatz 1 Nummer 1 bis 8, 11 und 12, Absatz 1a, Absatz 2 Nummer 1 bis 3, 5 bis 7, 10, 12 und 14, Absatz 3 Nummer 12, 14 und 15, § 76 Absatz 1 Nummer 2 und 7, Absatz 2 sowie § 82 Absatz 1 Nummer 2 und 9 gelten nicht für künstlerische Mitglieder von Theatern und Orchestern."

Mit größter Sorge blicken die Theater und Orchester in Baden-Württemberg derzeit auf die parlamentarischen Lesungen zur Novellierung des Landespersonal-vertretungsgesetzes (LPVG).

Die besonderen Eigenarten von Theatern und Orchestern gestatten die vollständige und unmittelbare Anwendung des Personalvertretungsrechts auf die künstlerisch beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur in einem eingeschränkten Umfang. Aus diesem Grund enthielt das LPVG von Anfang an und über Jahrzehnte hinweg Sondervorschriften für den künstlerischen Betrieb an den Theatern und Orchestern. Diese Schutzvorschriften waren im § 95 zusammengefasst. Der nunmehr vorliegende Regierungsentwurf vom 22.10.2013 entspricht inhaltlich der bisher geltenden Rechtslage. Die vorgenommenen Änderungen sind nur redaktioneller Art.

Wir haben zwischenzeitlich von der Absicht der SPD-Fraktion erfahren, im Zuge der parlamentarischen Lesung den vollständigen oder wenigstens teilweisen Wegfall der Schutzvorschriften des § 95 - wie bereits im Anhörungsverfahren von Gewerkschaftsseite vorgeschlagen - zu beantragen.

Dieses hätte für die Theater und Orchester dramatische Folgen. So unterlägen zukünftig - gerade in Personalangelegenheiten - auch die künstlerischen Mitglieder (bspw. Sänger, Schauspieler, Musiker etc.) oder die künstlerisch-bühnentechnischen Mitglieder (bspw. Maler, Licht- und Tongestalter, wichtige Mitarbeiter der künstlerischen Werkstätten) in vollem Umfang der Mitbestimmung. Ein Personalrat könnte dann - ob von ihm beabsichtigt oder nicht - jederzeit massiven Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit nehmen, indem er bspw. der Einstellung, der Nichtverlängerung oder einer sonstigen Personalmaßnahme eines originär künstlerisch oder überwiegend künstlerisch beschäftigten Mitarbeiters seine Zustimmung versagt oder das Verfahren verzögert. Die Theater wären dadurch im Kernbereich ihrer künstlerischen Entscheidungen unfrei.

Eine Veränderung der geltenden Rechtslage ist weder aus sozialpolitischen, verfassungsrechtlichen noch künstlerischen Gründen geboten. Mit seiner ausgewogen und differenzierten Interessenabwägung zwischen den künstlerischen Bedürfnissen des Theater- und Orchesterbetriebs und den legitimen Belangen der Personalvertretung hat sich die Regelung des § 95 LPVG in jahrzehntelanger Praxis an unseren Bühnen außerordentlich bewährt. Sie ist zudem von der Rechtsprechung verfassungsrechtlich immer wieder bestätigt worden.

Vor dem nunmehr geplanten massiven Eingriff in die Kunstfreiheit und die künstlerischen Arbeitsgrundlagen der Theater und Orchester müssen wir daher ausdrücklich warnen. Die außerordentliche künstlerische Leistungsfähigkeit und weit über die Landesgrenzen hinaus wirkende Strahlkraft der Orchester und Theater in Baden-Württemberg stützt sich nicht zuletzt auf die Sicherung der künstlerischen Freiheit und ihrer betrieblichen Arbeitsgrundlagen.

Bei einer Streichung oder gravierenden Änderung der bisherigen Regelung droht die Gefahr einer schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Störung. Der Schutz der Kunstfreiheit nach Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes liefe dann zukünftig in unserem Bundesland an den Theatern und Orchestern ins Leere. Dies wäre eine äußerst schwerwiegende Beschädigung des Kunststandortes Baden-Württemberg.

Wir möchten Sie darum bitten, sich mit Nachdruck für die Beibehaltung der Schutzvorschrift des § 95 LPVG in seiner bisherigen Fassung einzusetzen.

Peter Spuhler
Generalintendant Badisches
Staatstheater Karlsruhe

Marc-Oliver Hendriks
Geschäftsführender Intendant
Württembergische Staatstheater Stuttgart 

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